Die
kleine Bankangestellte Cheng Li wünscht sich, seit ihre Familie während ihrer
Kindheit aus dem Hafenviertel vertrieben wurde, Nichts sehnlichster, als eine
Eigentumswohnung mit Hafenblick.
Dafür
ist sie nicht nur bereit größte Entbehrungen über sich ergehen zu lassen,
sondern schreckt selbst vor Mord nicht zurück
Als
die Traumwohnung, wegen der ständig steigenden Immobilienpreise, trotzdem
unerreichbar scheint, schmiedet Chenl Li schließlich einen perfiden Plan: Sie
dringt eines Abends in den Apartmentkomplex ein, tötet den Wachmann und beginnt
die Nachbarschaft auf möglichst grausige Weise abzuschlachten. Mit dem Ziel,
dadurch die Grundstückspreise im Haus zu senken.
“CAT III”, auch als “Category 3” bekannt, ist die
höchstmöglich Freigabe für Filme in Hong Kong und seit Anfang der 90er für
westliche Zuschauer ein echtes Gütesiegel, wenn es um harte Unterhaltung geht.
Hintergrund dessen ist, dass damals die Übergabe der
ehemals britischen Kronkolonie an China bevor stand und in der Hongkonger
Filmindustrie deshalb Endzeitstimmung herrschte, weshalb viele Filmemacher auf
alle möglichen Konventionen pfiffen und mit extremen Streifen, wie “The Untold
Story”, “Ebola Syndrome”, “Run and Kill”, oder “Sex and Zen” ordentlich auf die
Kacke hauten und ausschweifende Sex- und Gewaltexzesse (nicht selten in
Verbindung mit Tabu-Brüchen) auf die Leinwand kotzten.
Der Grund dafür, dass
-, ungeachtet der Tatsache, dass viele der angesprochenen Kracher selbst
für das “CAT III”-Rating zensiert werden mussten und in Honk Kong auch für westliche
Verhältnisse harmlose Filme wie etwa “Sex and the City – Der Film” gelegentlich
die höchste Freigabe erhalten,- “Category 3” nun mal bei fachkundigen
Gorehounds mit deftigster Filmkost assoziiert wird und natürlich gründlich
aufgehorcht wurde, als der hier besprochene “Dream Home” nicht nur dieses
Rating erhielt, sondern selbst dafür Zensuren hinnehmen
musste.
Und das zurecht. Denn auch wenn der von Pang Ho-Cheung
(“Exodus”, “Vulgaria” u.v.m.) inszenierte Mix aus Psychodrama und Slasher
optisch deutlich eleganter daher kommt, sich tatsächlich ernsthaft um
Charakterzeichnung bemüht und einen ebenso kritischen, wie beißend bösen
Kommentar zum hong-konger Immobilienmarkt abgeben möchte; wenn aber Antiheldin
Cheng Li die Nachbarschaft ihrer Traumwohnung meuchelt, geschieht das in der
garstigen Tradition der berüchtigten Hong-Kong-Nasties.
Dabei läuft das Geschehen auf zwei, bzw drei, sich
ständig abwechselnden Zeitebenen ab. Während die Morde in der Gegenwart
stattfinden, beleuchten drama-lastige Rückblenden die tragische Vorgeschichte
der Hauptfigur.
Hier herrscht dann auch
ein gewisses tonales Ungleichgewicht zwischen den zwei Erzählebenen. Denn,
während die Rückblenden tatsächlich als bodenständiges, trauriges Sozial- und
Außenseiterdrama zu überzeugen wissen, schießen die gewalttätigen
Gegenwartsszenen in ihrer Härte, Explizität, Zynismus und Einfallsreichtum
dermaßen über das Ziel hinaus, dass sie schnell an Ernsthaftigkeit verlieren
und nur noch als reiner Selbstzweck durchgehen.
Spätestens nach dem
größten Tabubruch des Films (gehört ja zu jedem ordentlichen CAT3-Streifen
dazu) -, dem äußerst brutalen Mord an einer Schwangeren mit einem Vakuumbeutel,-
wenn eine Kifferbude aufgemischt wird, fließt sowieso eine dicke Portion
(tiefst)schwarzer Humor in das bis dahin bierernste Gemetzel bei dem der
anspruchsvolle Gorebauer voll und ganz auf seine Kosten kommt und, von ein paar
wenigen CGI-Effekten abgesehen, mit schön matschiger Handarbeit (Blut,
Eingeweide, Gliedmaßen… von allem gibt es Etwas) verwöhnt wird; die auch gut
über die Laufzeit des Films verteilt wurde.
Daher schadet das tonale
Ungleichgewicht “Dream Home”, der sowieso auf eine dicke Schlusspointe
hinausläuft, auch nicht großartig.
Problematischer ist, dass
der Film dem Zuschauer, von seiner ohnehin eher unsympathischen Hauptfigur
abgesehen, keine Identifikationsfiguren bietet, da die willkürlich ausgesuchten
Opfer ohne jeden Background daherkommen. So gibt es dann auch Niemanden um den
es sich großartig mitzufiebern lohnt, weshalb der Spannungsgehalt relativ
niedrig ist.
Dass der zudem auch
vergleichsweise unaufgeregt inszenierte Film trotzdem nur wenige echte Längen
hat und unterhalten kann, ist dem guten, verschachtelten Aufbau von “Dream
Home” zu verdanken, der den Voyeurismus seiner Zuschauer befeuert.
Man ist einfach gespannt
darauf zu sehen wie es weiter geht. Nicht zuletzt wegen der überzeugenden
Darstellung der großartigen Josie Ho (“Contagion”, “The Twins Effect” u.v.m.
und Co-Produzentin des Films), die ihre vom Schicksal gebeutelte Antiheldin
zwar auch nicht liebenswürdiger, dafür aber immerhin bemitleidenswert machen
konnte.
ZUSAMMENGEFASST: “Dream
Home” ist ein edel inszenierter, gut gespielter, blutrünstiger und knallharter
Genremix, der jedoch nicht ganz weiß was er nun wirklich sein will.
Anspruchsvolles Drama, tiefschwarze Horror-Satire, oder doch einfach nur ein
derber Slasher?
Zwar funktioniert
der Streifen trotzdem und kann über die meiste Spielzeit unterhalten, ein etwas
deutlicherer Focus auf ein Genre hätte ihm aber wirklich gutgetan.
FREIGABE/ZENSURHINTERGRÜNDE:
Da der Film schon in Hong
Kong für die höchstmögliche Freigabe (CAT III) zensiert werden musste, war in
Deutschland eine ungeschnittenen Fassung eine ohnehin aussichtslose
Angelegenheit.
Und so musste der Film
dann auch für die höchstmögliche Freigabe der FSK deutlich entschärft werden,
wobei es in Deutschland auch nur bei eben dieser stark geschnittenen
FSK:ab18-Fassung blieb. Ob die Spio/JK ungeschnitten eine Freigabe erteilt
hätte ist in Anbetracht der teils wirklich krassen Gewaltszenen ohnehin
anzuzweifeln.
Es erfolgte aber eine
gänzlich unzensierte und ungeprüfte Auswertung über Österreich und die Schweiz.
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